Erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie waren bei einem DTM-Rennen wieder Zuschauer zugelassen. Die Audi-Piloten ließen diese schon vor dem Start jubeln, als sie vor der Haupttribüne Schilder mit einer emotionalen Botschaft hochhielten: „DTM fans, welcome back! We have really missed you!“
Nach 36 Runden hatten die niederländischen Fans erneut Grund zum Jubeln: Lokalmatador Robin Frijns vom Audi Sport Team Abt Sportsline überquerte die Ziellinie nach einem spannenden Duell mit Loïc Duval vom Audi Sport Team Phoenix erstmals in seiner DTM-Karriere als Sieger. „Auf diesen Moment musste ich fast drei Jahre warten“, sagte Frijns. „Ich war oft ganz nah dran, aber irgendetwas kam immer dazwischen. Ich stand in der DTM schon häufig auf dem Podium, aber noch nie ganz oben. Umso schöner ist es, dass es ausgerechnet hier in Assen geklappt hat, wo erstmals wieder Fans dabei sein durften. Es hätte wirklich keinen besseren Ort für meinen ersten DTM-Sieg geben können.“
Erst in Runde 30 gelang es Frijns, den bis dahin führenden Loïc Duval zu überholen. Der Franzose war mit seinem Audi RS 5 DTM auf zunächst feuchter Strecke von der Pole-Position ins Rennen gegangen. „Wenn du so lange führst, willst du das Rennen auch gewinnen“, sagte Duval. „Aber ich hatte mit den Reifen zu kämpfen. Im ersten Stint haben die Vorderreifen abgebaut, im zweiten die Hinterreifen. Mit Push-to-Pass und DRS konnte Robin aufschließen und mich kurz vor Schluss überholen. Ich konnte bis zum Schluss dranbleiben, war aber nie nahe genug, um ohne Risiko zu attackieren. Dass ein Niederländer in den Niederlanden gewinnt, ist eine tolle Story, aber morgen möchte ich ganz nach oben aufs Podium.“
Nico Müller verteidigte mit Platz drei in seinem ersten DTM-Rennen als Papa seine Führung in der Fahrerwertung. Der Schweizer fiel in der Startrunde vom zweiten auf den sechsten Platz zurück. „Ich war neben Robin (Frijns) eingeklemmt“, sagte Müller. „Wenn man am Anfang so viele Plätze verliert, ist Platz drei noch ein gutes Ergebnis. Der Reifenverschleiß war nicht so hoch, wie wir alle erwartet hatten. Ich hatte einen tollen Boxenstopp, mit dem ich an René (Rast) vorbeikam. Danke dafür ans Team! Ich freue mich für die Jungs und auch meinen Teamkollegen Robin, der bei seinem Heimrennen seinen ersten Sieg geschafft hat – und das völlig verdient. Er hat schon oft gezeigt, dass er das Zeug dazu hat. Jetzt hat er ihn endlich.“
„Dass Robin ausgerechnet hier in Assen gewinnt, wo der Reifenverschleiß immer besonders stark ist, habe ich nicht erwartet“, sagte Audi-Motorsportchef Dieter Gass. „Umso mehr freue ich mich für ihn. Wir hatten vor diesem Rennen große Sorgen wegen der Reifen und hatten bei einigen Autos sogar zwei Boxenstopps eingeplant. Aber mit der feuchten Strecke am Anfang des Rennens war der Reifenverschleiß geringer als erwartet. Alle Fahrer haben es geschafft, mit einem Stopp durchzukommen. Wir haben fantastisches Racing gesehen, die 14. Pole-Position in Folge für Audi in der DTM und einen weiteren Fünffachsieg.“
Am Sonntag sorgten kräftige Regenschauer für schwierige Bedingungen. Für Robin Frijns gab es die erste Überraschung bereits in der Startaufstellung: Als „Grid-Girl“ stand seine Lebensgefährtin Maike Frik – im Audi Sport Team Abt Sportsline für die Organisation verantwortlich – vor seinem blauen Audi RS 5 DTM. „Das hatte sie mir bereits letztes Jahr für meinen ersten Sieg in der DTM versprochen“, sagte Frijns. „Respekt, dass sie sich nicht nur daran erinnert, sondern es auch bei diesem Wetter durchgezogen hat.“
Frijns enttäuschte seine Partnerin anschließend nicht. In Runde elf überholte er den bis dahin Führenden Loïc Duval vom Audi Sport Team Phoenix und setzte sich anschließend immer weiter von seinen Verfolgern ab. Mit fast zehn Sekunden Vorsprung kam der Niederländer zum Reifenwechsel. „Dass ich nach dem Boxenstopp nur noch Zweiter bin und ich plötzlich mit (BMW-Pilot) Sheldon van der Linde kämpfen musste, hat mich doch ziemlich überrascht.“
Der Südafrikaner war sehr früh zum Reifenwechsel an die Box gekommen und lag mit dieser Strategie auf der regennassen Strecke genau richtig. Eine Rote Flagge kurz vor Rennende spielte van der Linde zusätzlich in die Karten: Der BMW-Pilot konnte während der Unterbrechung die Reifen wechseln und seine Führung nach dem Neustart verteidigen.
„Nach dem Abbruch waren die Bedingungen sehr gefährlich“, sagte Robin Frijns. „Es stand extrem viel Wasser auf der Strecke. Es wäre dumm gewesen, zu viel zu riskieren und den zweiten Platz wegzuwerfen. Mit meinem Sieg gestern und Platz zwei heute ist mir vor meinen heimischen Fans ein tolles Wochenende gelungen.“
Frijns sammelte in Assen die meisten Punkte und hat in der Fahrerwertung nur noch 26 Zähler Rückstand auf seinen Teamkollegen Nico Müller. Der Schweizer erlebte am Sonntag ein Déjà-vu des Vortages. „Nach einem guten Start war ich hinter Loïc und Robin eingeklemmt“, sagte Müller. „Dass ich in der ersten Runde erneut mehrere Plätze verloren habe, war ärgerlich. Durch die schlechte Sicht im Regen war die Aufholjagd sehr schwierig. Trotzdem ist es mir gelungen, mich auf Platz zwei hinter Robin nach vorn zu arbeiten. BMW ist mit dem frühen Boxenstopp für Sheldon ein ziemlich smarter Move gelungen. Die Rote Flagge hat ihnen natürlich zusätzlich geholfen. Der dritte Platz ist ein gutes Ergebnis, aber wir haben hier nicht das Maximum herausgeholt. Der Siegeshunger wird definitiv wieder größer.“
Titelverteidiger René Rast vom Audi Sport Team Rosberg sicherte sich am Sonntag in einem engen Qualifying auf trockener Strecke die Pole-Position. „Das Rennen verlief aber wieder nicht nach unseren Vorstellungen“, sagte Rast nach einem hart erkämpften fünften Platz. „Es gab bei diesen Bedingungen viele Entscheidungen zu treffen. Manchmal lagen wir richtig, manchmal nicht. Dazu hatten wir ein kleines technisches Problem am Auto, das Leistung gekostet hat. Ich habe wieder viele Punkte auf Nico und Robin verloren. Aber wir kämpfen weiter – es kann in dieser Saison noch viel passieren.“
„Es war wieder ein spannendes DTM-Rennen“, sagte Audi-Motorsportchef Dieter Gass. „Mit dem Regen am Start waren es sehr schwierige Bedingungen. Es war nicht ganz sicher, ob die Strecke abtrocknen würde oder weitere Regenschauer kommen würden. Dazu gab es unterschiedliche Informationen. Wir haben verschiedene Reifenstrategien gesehen. Im Nachhinein war ein früher Stopp heute die glückliche Strategie. Auch der Rennabbruch hat eine Rolle gespielt, denn ich glaube, ohne den Abbruch hätten unsere Fahrer Sheldon am Ende noch geschnappt. Aber that’s racing! Platz zwei, drei, vier und fünf ist insgesamt eine gute Teamleistung. Nun freuen wir uns schon auf den Nürburgring.“
Dort stehen an den nächsten beiden Wochenenden insgesamt vier weitere DTM-Rennen auf dem Programm.